Geschichte - Kurzgeschichten - <-- gulag-online --> Bouldern und Clean Climbing im Elbsandstein

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Die Odyssee zum Archipel

Duft - süßlich, Blumen, die Herbstsonne strahlt die Blöcke golden an.
Ich liege auf der weichen Wiese - warm ist es.
Mein Häschen gibt mir einen Kuss und wir schauen Michi beim Klettern zu.
Er tanzt, schwebt und singt dabei.
Oh, was ist das für ein Vogel - ein Kolibri.
Was macht der denn hier? - und da ein Mann mit einem Netz, er springt ihm nach.
Der Frieden wird zerstört, wir müssen auf - ob er ihn wohl fängt, oder ......

AUFWACHEN, HALLO, AUFSTEHEN !!! Ach, du lieber Schreck, heute ist ja schon morgen.
Das war nur ein Traum, ein schrecklich schöner und doch möchte ich aufstehen.
Das Wetter ist düster und kalt, ideal zum Bouldern.
Kaffeeduft liegt in der Luft - Gedankensprung über Gedankensprung.
Mausi hat schon das Frühstück vorbereitet, mit Ei.
Ich wasche mein Gesicht mit kaltem Wasser und schaue in den Spiegel, rotgeschwollene Augen - eindeutig zu viel geraucht und das letzte Bier war auch nicht gut.
Der Kaffee wird die Wunden heilen und so sitzen wir am Tisch und lassen es uns schmecken.
Ich freue mich schon auf das Problem, was noch nicht gelöst ist.
Schon seit Tagen beschäftigt es mich, aber das Wetter machte einen Strich durch die Rechnung.
Mausi sitzt noch beim Kaffee. Ich packe inzwischen die Matten ins Auto.
Sie passen nur mit Mühe rein und wir müssen sehen, dass wir auch noch Platz haben.
Tetsi muss auch noch mit und damit ist zick. Auf geht's, Gas geben.
1,2,3 Gang, runter schalten, wieder Gas, Reifen quietschen, das macht Spaß und auch munter.
Am Treffpunkt angekommen wartet schon Michi mit Tec, wir hatten uns einen Tag vorher verabredet.
Wir schnallen unser Gepäck auf den Rücken und laufen gen Ziel, das Problem, was ich schon angesprochen hatte­Am Ort angekommen, bot sich die Lage recht optimal an.
Wir turnen herum, probieren neue Züge aus. Ich habe mich inzwischen gut warm gebouldert und werde es einmal versuchen.
Es ist eine wunderschöne Linie, eine Rissspur, diagonal von rechts nach links.
13 Züge am feinsten Felsen. Die Matten noch einmal richtig hingelegt und man kann anfangen.
Michi und Tec spoten mich, es ist auch ganz gut so, denn der Absprung ist trotz Schutz recht hart.
Der Sitzstart fällt mir leicht, aber nach oben wird es härter.
Der letzte Zug ist der schwerste von allen und an diesem scheitere ich wiederum.
So ein Ärger aber auch, warum klappt das nicht? Ich habe einfach nicht das Gefühl dafür.
P a u s e

Jetzt ist Michi dran.
Er aber hat Probleme mit dem hohen Antritt und gibt vorerst auf.
Wir rauchen erst mal eine und sprechen über Probleme, die noch ausstehen, wie man sie lösen könnte, über Probleme in unserer Heimat und der ganzen Welt.
Redet nicht so viel! Sprach Mausi ein Machtwort mit uns, oder wollte sie uns nur herausfordern?
Heute glaube ich das nicht mehr, denn sie ist ziemlich müde.
Ich mache mich startklar und reibe mir die Hände mit einem Mix ein, ziemlich ätzend das Zeug, aber gut.
Heh, Achtung, da ist was - nein, da kommt jemand!
Ach du Schreck, das sind die Grünen, die haben was mitbekommen, jemand muss uns verzinkt haben - nichts wie weg.
Sachen in die Tasche, Matte zusammen und los. Los, los, komm schneller.
Wir rennen wie die Wilden durch den Wald, über Bäume, Steine, durch das Wasser.
Uns gefällt das überhaupt nicht, nur Tetzi kommt sich vor wie auf der Jagd.
Am Auto angelangt- alles rein und weg.
Wir fuhren in das nächstgelegene Kaffee und erholten uns von der Hast.
Wieder mal Glück gehabt, sagte Mausi. Man kommt sich schon wie ein Verbrecher vor, dabei tun wir doch niemanden etwas, haben nur unsere Freude.
Das angesprochene Problem habe ich wieder nicht geschafft und bin deshalb etwas traurig, habe aber vor, es am kommenden Wochenende wieder zu probieren, dann müsste es sofort klappen - hoffentlich! Jetzt fahren wir aber noch in ein anderes Gebiet und dort lassen wir es so richtig krachen!
Ein neues Spiel, ein neues Glück.

HALLO, AUFWACHEN, HALLO!!! Was ist das, ein Traum oder Flucht?


Sven Scholz


Die Geschichte des Boulderns und der Utensilien (auszug).

Das Bouldern, als ein eigenständiger Zweig des Klettersports, gibt es seit Anfang des 20. Jahrhunderts.
Weltbekannt sind dabei zwei Entstehungsgebiete:
Zum ersten Fontainebleau (Waldgebiet um die gleichnamige Stadt, südöstlich von Paris) und zum zweiten die USA.
In Fontainebleau begann das Bouldern als Trainingsform für die Pariser Alpinisten, die regelmäßig am Wochenende eintrafen.
Doch einige Zeit später merkte man, dass es etwas Eigenständiges war.
Die Bewegungen und die Züge an den Blöcken setzte man mit dem Besteigen eines Berges gleich.
Man kam nicht mehr zum Training für die Alpen, sondern zum Selbstzweck.
Es wurden zahlreiche Boulderprobleme eröffnet und es entstand ein Boulderparcour (Kombination mehrere Boulder) nach dem anderen.
Diese Bouldergemeinschaft ist bis heute eine der bekanntesten auf der Welt.
Einige der bekannten Kletterer sind Pierre Allein (Erfinder des Leinenschuhes mit gummiartiger Sohle), Fred Bernick (1947: erster Boulderparcour), Michel Libert (1960: erster 7a Boulder, L`Abattoir), Jacky Godoffe (1984: erster 8a Boulder, C`etait demain) und Jean Pierre Bouvier (1980: Eröffnung von Quergängen).
In den USA sah es etwas anders aus.
Dort war das Bouldern zum Selbstzweck auf eine Hand voll Kletterer beschränkt.
Der bekannteste Boulderer ist John Gill.
Er eröffnete Anfang der 50er Jahre die ersten Boulderprobleme, vollbrachte die ersten dynamichen Züge und verwendete zum ersten Mal Magnesia.
Sein enormes Kraftrepertoire brachte er aus dem Geräteturnen mit.
So beherrschte er das Kopfkreuz, den Butterfly Mount, einfingrige und einarmige Klimmzüge und die einarmige Hangwaage. John Gill boulderte von Anfang an nur zum Selbstzweck.
Erst Jahre später wurden seine Probleme wiederholt.
Jetzt merkte man erst, wie weit er körperlich und geistig schon voraus war.
Man bezeichnet ihn auch heute immer noch als den „Vater des Boulderns“.
So richtig populär wurde das Bouldern dann erst in den 90er Jahren.
So z.B. durch die Engländer Jerry Moffat und Ben Moon, den Schweizer Fred Nicole, den Österreicher Klem Loskot, den Deutschen Toni Lamprecht und den Amerikaner Chris Sharma.
Gerade jetzt, am Anfang des 21. Jahrhunderts, steigt die Anzahl der harten Probleme.
Ein wichtiger Aspekt ist dabei auch die Verbesserung der Ausrüstung (Schuhe, Crashpads, ...). Nur durch Neuerungen kann und konnte eine Weiterentwicklung stattfinden.
Ein wesentliches Hilfsmittel ist dabei der Kletterschuh.
Auch da gibt es mehrere Entstehungsorte.
Am Ende des 19. Jahrhunderts brachte Oscar Schuster den seit längerem im Hochgebirge gebräuchlichen Kletterschuh, "den Dachdeckerschuh " (Segeltuchschuh mit Hanfsohle) mit.
Somit wurde der alte " Nagelschuh " abgelöst.
Erst jetzt wendet man sich der schwereren Kletterei (Risse und Wände) zu und verzichtete auf die künstlich geschaffenen Tritte.
Es war mit einer der entscheidenden Schritte in der Klettergeschichte des Elbsandsteingebirges (nachzulesen in "Wiege des Freikletterns" auf Seite 131).
Auch in Fountainebleau kletterte man anfangs mit Nagelschuhen.
Kurze Zeit später folgte dann der Leinenschuh "Espadrilles".
In den 30er Jahren folgen die "PA`s", ein von Pierre Allain entwickelter Kletterschuh.
Es war ein Leinenschuh mit einer gummiartigen Sohle.
In den 70er Jahren kamen dann die "EB`s", ein Schuh von Ellis Brigham (England).
Die Kletterschuhe verbesserten sich von Jahr zu Jahr, Firmen wie Boreal (Reibungssohle "Fire")... brachten sie auf den Markt.
Um bei einem Absprung beim Bouldern größere Verletzungen zu vermeiden, machte man sich über geeignete Absprungmatten Gedanken. Der Entstehungsort dieser Matten ist das Yosemite-Valley.
Hier verwendete man schon länger alte ausrangierte Matratzen.
Ende der 80er Jahre baute Fred Nakovic das erste "Crashpad", eine Kombination aus Schaumstoff und Teppich, nachdem er sich beim Bouldern in Hueco Tanks die Füsse beim Absprung verstaucht hatte.
Die Idee war genial und somit dauerte es nicht lange, bis die Crashpads industriell hergestellt wurden.
Die erste Verwendung von Magnesia geht auf das Konto von John Gill (Mitte der 50er Jahre).
Er gebrauchte es für seine Geräteturnübungen und somit war es ein kleiner Schritt das Magnesia am Felsen auszuprobieren.
All diese Ausrüstungsgegenstände sind zu festen Bestandteilen beim Bouldern geworden.
Es konnte und kann nur eine Weiterentwicklung beim Klettern stattfinden, wenn sie praktisch ausgeübt werden kann.


Sven Scholz


Dienstbericht

Man entschied sich also, zum Konzert zu gehen, da doch Jrtfy Tkmpb die wohl bekannteste Band der Ukraine ist - zumindest hierzulande.
Die Karte kostete 15 Hrivna, was bei einem Eurokurs von 5,13... man kann sichs ja ausrechnen.
Nun, da die Karte schon ein paar Tage vorher gekauft wurde und man vor lauter Vorfreude nicht mehr aufs Datum schaute, zog man Freitag Abend mit heissem Verlangen nach echtem ukrainischem Rock in Richtung Velotrek.
Irgendwann aber bemerkte Christian, ein schwarzzöpfiger Leipziger mit Gestapomantel, dass es hier, gerade vor einem solchen Event, eigentlich von Ukrainern wimmeln müsste- ein prüfender Blick auf die Konzertkarte klärte jedoch diesen seltsamen Umstand: das Konzert ist am Samstag!
Der Verdruss darüber wurde aber alsbald von der nun noch länger andauernden Vorfreude verdrängt.
So beschloss man, den Abend zu Hause mit einer Flasche Horilka zu füllen...
Nun aber war es endlich soweit: Samstag Abend! Unsere 4 deutschstämmigen Gefährten enterten, nur durch die Dreads von Karolin in der Masse auszumachen, diese riesige Sportanlagenbrache, wo es wohl zu Sowjetzeiten heiss hergegangen sein muss.
Heute aber bröckelt das Stadion nur so vor sich hin, aus jeder Ritze spriesst allerlei Grünzeug und die Treppen, über welche sich diese schweren Massen gen Velotrek schieben, drohen unter der Last wegzubrechen.
Es wird zusehends enger für unsere Freunde, da die Menge keilförmig dem recht grossen Gebäude, in welchem sich diese etwas marode Rennbahn befindet, entgegenströmt.
Und gerade in diesem beengenden Gewimmel wird einem gewissen DeeDoubleU plötzlich erkennbar unwohl, denn er erblickt etwa zwanzig uniformierte Herren, welche, am Eingang postiert, keine Gnade in Sachen Rucksackkontrolle kennen.
Nun, das wäre normalerweise nicht so schlimm, kennt man ja in gewisser Weise auch aus Deutschland.
Doch mit diesen Pitbulls der Jxjujyf, einer schwarzgekleideten und zu allem bereit scheinenden Privatpolizei, möchte man eigentlich doch lieber jeden Konflikt vermeiden, zumal man kaum ein ukrainisches Wort über die Lippen zu bringen vermag.
Doch warum aber wird DoubleU auf einmal so blass, hat er etwa etwas zu verbergen, in seinem Rucksack vielleicht, ein paar Bier oder einen Wodka? Nein, es war noch um einiges schlimmer!
Bevor sich unsere Helden nämlich im Stadtzentrum trafen und sich gemeinsam gen Velotrek aufmachten, hatte ein uns wohlbekannter Dauersmoker noch etwas anderes im Sinn: gewissenlos und zu allem entschlossen stiefelte er in Richtung Wulitsa Samarstiniwska, durch seinen im Norden gelegenen Stadtteil India hindurch, der eigentlich Samarstiniw heisst, jedoch India genannt wird, da dort diverse „Narkotika“ von den ebenfalls dort wohnenden Zigeunern gebraut werden...
Nun ja, er lief jedenfalls eine ganze Weile, aber er wusste ganz genau wohin, er hatte nur das eine Ziel, eine Stelle nämlich, die er ein paar Tage zuvor beim Wasserholen entdeckt hatte(hier sei anzumerken, dass sich DoubleU durchaus dienstlich in Lviv aufhält!!).Jedenfalls handelte es sich um eine prächtige Hanfpflanze, die sich völlig unschuldig über einen Gartenzaun beugte und ihre fetten Butts über den Fussweg hängen liess- great! So kam es wie es kommen musste, und DoubleU packte sich mit klebrigen Fingern seinen Rucksack voll. Das frische Gras zwar in einen Plastikbeutel verpackt, zog er trotzdem eine verräterische Fahne hinter sich her...
Nun dürfte also geklärt sein, weshalb unser Freund so unruhig wurde, geht man doch in der Ukraine nicht gerade zimperlich mit einem um, noch dazu, wenn es sich um solch eine fatale Menge handelte.
Ein kurzer Gedanke daran, die heisse Ware noch irgendwo im Gelände zu verstecken, kam zu spät und wurde sogleich verworfen, war es doch jetzt unmöglich geworden, sich aus dieser erdrückenden Menschenmasse zu befreien- so musste er sich also seinem Schicksal fügen.
Karolin passierte, Jakob ebenfalls, selbst Christian, sogar ohne seinen mit Bier gefüllten Rucksack öffnen zu müssen! Bestand also doch eine Chance, würde auch er so einfach vorbeigehen können, nur seine Karte zeigen und sich dann schleunigst vom Eingang verpissen? Ausgeschlossen!
Trotzdem sich DoubleU bemühte, so unscheinbar und unbetroffen wie nur möglich zu wirken, knurrte der Pitbull irgendetwas ukrainisches und zeigte eindeutig und selbstverständlich auf das corpus delicti.
Daraufhin nahm unser unglücklicher Held den stinkenden Rucksack ab, öffnete ihn scheinbar selbstsicher(er hatte ja keine Getränke dabei), und nun schauten beide, der Pitbull und unser Freund, gemeinsam den Rucksack haltend,eben in diesen hinein...
Nun gibt es zwei Möglichkeiten: entweder, dieser unsympatische Schrank hat einen defekten Geruchssinn, oder aber unser Held spielt gerade unfreiwillig Queen im ukrainischen Knast- hoffen wir das beste!


von Daniel


Denkanstoss

Wo soll man bei soviel Borniertheit anfangen?
Es tut mir aufrichtig leid, dies so sagen zu müssen, doch die Sächsische Schweiz ist ein Spielplatz ausgemachter Egoisten und Pseudomoralisten. Ich möchte hierzu auch nochmals einige Ausführungen machen, gleichwohl man sich beleidigt und ohne Überdenken der Kritik zurückziehen wird.
Denke ich an’s Klettern in Sachsen, so drängt sich mir immer ein Bild auf: Ein großmäuliger Vorsteiger steht nach vollendeter psychisch schwieriger Tour wieder auf festem Boden und posaunt seine unglaubliche Heldentat, unterstützt von seiner Nachsteigerschar, in die weite Welt.
Das war dann aber auch schon alles an Kletterei für heute.
Man schaut verächtlich nur zum nebenan Kletternden in der Xc.
"Das sieht man doch, daß der die Tour einstudiert hat. Nach tausendmal ausprobieren könnt’ ich das auch!"
Könntest Du nicht!! Was viele Kletterer vergessen, ist, daß zum schweren Klettern auch ein verdammt hartes Training gehört.
Mit stahlstarken Nerven kann man prima vor einigen Leuten angeben, aber besser wird man dadurch nicht.
So war im letzten Mitteilungsblatt ein Beitrag zum Thema "Rotpunktklettern", dem eigentlich nur zu entnehmen war, daß die Verfasser scheinbar noch nie richtig schwer Rotpunkt geklettert sind.
Es ist ein himmelweiter Unterschied zwischen einer "von Ring zu Ring"- Begehung des "Hohlspiegels" oder einer RP- Begehung.
Das Sächsische Klettern verleitet zu oft zum niveaulosen Hochgehänge in einer Tour.
Den endlosen Beschwerden, daß topropende Massen die Wege blockieren, kann ich nur entgegenhalten, daß es eher vorkommt, daß eine traditionelle Meute sich unendlich zeitaufwendig einen Weg hochruht.
Ich schlage hier gleich einen Versuch vor: Frag’ die Toproper, ob sie mal eben das Seil abziehen können und Dich die Tour klettern lassen.
Diesen Wunsch hat mir noch niemand abgeschlagen, weder hier noch in einem dieser furchtbaren Sportklettergebiete.
Ein weiteres Schlagwort wird hierzulande gern in die Gegend geschleudert: "konsumieren".
Jeder, der nicht mit den hier geltenden Regeln einverstanden ist, fällt sofort unter die Kategorie "konsumierende Mittelmäßigkeit".
An dieser Stelle ein herzliches Dankeschön an Thomas Böhmer, dessen Artikel eben ähnlich nette Formulierungen zu entnehmen waren.
Warum bin ich ein genußunfähiger Abhaker, nur weil ich das gut gesicherte Klettern dem gefährlichen vorziehe?
An dieser Stelle fehlt jegliche Logik.
Ein weiterer Punkt ist das Festklammern an den Traditionen.
Diese seien etwas ganz Besonderes und unendlich besser als die Regelungen anderer Gebiete.
Es wäre vielleicht an der Zeit, einmal zu überdenken, ob man sich als sächsischer Kletterer nicht doch überschätzt.
Die härtesten Psychotouren werden nicht in Sachsen geklettert, sondern in England.
Die schwierigsten Solos kletterte nicht ein Sachse, sondern ein Franzose.
Die besten Kletterer kommen aus aller Welt, nur nicht aus Sachsen.
Die Mittelmäßigkeit ist bei uns zu Hause.
Dagegen habe ich auch nichts einzuwenden, doch es ist immer wieder erstaunlich, wie oft sich Leute dafür rühmen, "sächsische Kletterer zu sein".
Was ist daran so Besonderes?
Noch einer weiteren Behauptung möchte ich den Wind aus den Segeln nehmen.
Nicht selten höre ich, man müsse das Gebirge vor allzu großem Andrang schützen, denn gute Sicherung bedeutet viele Besucher, und viele Besucher bedeuten Ärger im Nationalpark.
Keine Angst, die Sächsische Schweiz ist für einen Kletterurlaub uninteressanter als man denkt.
Ich habe selten jemanden getroffen, der unbedingt einmal hier klettern wollte.
Man hört eher, daß es hier alles zu unübersichtlich ist, die Wege zum Felsen zu weit sind, das Gestein zu brüchig, das Wetter zu wankelmütig ist und die Dichte an guten Touren auch zu gering ausfällt.
Vielmehr gewinne ich im Laufe der Zeit das Gefühl, daß man doch eine höllische Angst davor hat, daß Schwierigkeiten abgewertet und eigene Heldentaten mal nebenbei so von anderen wiederholt werden.
Vielleicht kommt man sich aber auch zu albern vor, sich in fremder Gesellschaft seiner Gipfel zu rühmen, wenn diese vorher mit eigenen Augen gesehen hat, um welche kleinen Mooshäufchen man hier kämpft, während feinste Massive an stark frequentierten Wegen in ewiger Jungfernschaft darben. Man könnte hier so viele Mutmaßungen anstellen, daß mir dazu nur Vater Briest’s Worte einfallen: " Es ist ein weites Feld ..."
Was möchte ich erreichen? Ich wünsche mir, daß langsam ein normales Verhältnis zwischen traditionellen und sportlichen Kletterern entsteht.
Sportkletterer: Das ist nicht ein hirnlos vor-sich-hin-konsumierender Mob oder eine Zusammenrottung profilsüchtiger Fitneßtypen.
Das sind Leute, die einfach mit einer anderen Motivation zum Klettern gehen und eben keinen Psychokick brauchen.
Auch sie sollten sich in unserem Gebirge frei entfalten können.
Wie immer gibt es zu einem Thema zwei Meinungen, und es wird Zeit, daß auch hierzulande eine zweite Meinung gelten darf und nicht, wie es nach meinem letzten Brief der Fall war, daß ich darauf hingewiesen werde, gefälligst woanders hin zu gehen, wenn es mir hier nicht paßt.
Die deutsche Sitte, Andersdenkende rausschmeißen zu wollen, sollte eigentlich der Vergangenheit angehören.


Jens Haberkern


Ungewöhnlich, aber trotzdem normal ...

23. Januar 2002. Diesmal kam der eisfressende Wärmeeinbruch schon im Januar.
Ein Wechsel der Gefühle. Obwohl die Kamine und Gipfelköpfe noch naß und unbegehbarwaren, konnten wir schon nach wenigen Tagen an auserlesenen Felsbereichen unseren natürlichen Bewegungsdrang weiter ausleben. Der Sandstein lädt uns zum Klettern ein, er bleibt dabei der Spiegel unserer Freude und manchmal unserer Leiden. Das Spiel hat sich nicht geändert. Zu jeder Jahreszeit gehen anscheinend oder tatsächlich eigenartige Typen durch den Wald und suchen an Blöcken und Felsflächen bekannte oder noch unbekannte Möglichkeiten. Vom Seil und jeglicher Ausrüstung befreit, finden einige im körperlichen Ausdruck ihrer Bedürfnisse die Freiheit, die ihnen in den Städten fehlt. Und anderen schließlich die Freude, die Grenzen ihrer Möglichkeiten immer weiter hinauszuschieben. Vom "Bouldern" ist die Rede. Dieser Begriff steht für seilfreies Klettern an zwei bis 10 Meter hohen Blöcken und Felspartien. Als Teilsportart des Kletterns hat es sich seit mehr als einhundert Jahren die Jugendfrische erhalten und weltweit verbreitet. Es wurde in Frankreich, an den Sandsteinblöcken von Fontainebleau geboren, ist bei uns im Elbsandstein mindestens schon neunzig Jahre bekannt und wurde vorrangig als beliebte Trainingsform genutzt. Der Franzose Jacky Godoffe, ein Verfechter dieser Bewegung, sagt dazu: "Es ist mehr als ein simpler Sport oder eine Technik, es ist eine Kunst - die Suche nach winzigen Haltepunkten. Sie verschafft Entspannung und versetzt den Akteur zugleich in einen Rausch." Oder anders, John Gill (Boulderpionier/USA): "Das Bouldern ist durchaus eine Art Jungbrunnen der romantischen Erscheinungsform des Felskletterns." Heute waren wir wieder draußen an den Felsen im Wald, ein bunter Haufen von jung und alt, vom Anfänger bis zum Topkletterer, und alle teilen sie diese Liebe. Die Heißsporne zum Beispiel stellten dich der "K-Frage", und andere begnügten sich mit dem Fangen der "Forelle" ... mit dem Ziel, die versteckte Botschaft der Felsoberfläche mit phantasievollen Bewegungsabläufen zu entschlüsseln. Zur Freude, als Herausforderung, aus welchem Antrieb auch immer - das Elbsandsteingebirge ermöglicht es uns in einmaliger Weise, eine große Palette von Natursportarten auszuüben. In der Natur und mit ihr, in einer Partnerschaft also, die nichts zerstört, uns alle aber unendlich beschenkt. In seiner Gesamtheit schafft der Bergsport seinen Betreibern die Möglichkeit, sich als Teil der Natur zu erleben, sich innerhalb ihrer vielfältigen Gestalt mit sich selbst auseinanderzusetzen. Dabei erfährt der Suchende innerhalb dieses Freiraumes höchste Freude und erlebt ein Stück Lebensqualität, die durch zunehmende Reglementierung und Uniformierung bedroht ist.


Von B. Arnold


Affentanz

Schon zu Hause hatten wir davon gehört, daß an diesen Felsen Affen herumklettern, und jetzt waren wir natürlich neugierig, was die Jungs an Dynamik und Fußtechnik drauf haben.
Wir entdeckten einen Felsen, an dem sie sich jeden Abend kurz vor Sonnenuntergang versammelten.
Tagsüber waren sie meistens mit den Touristen beschäftigt, doch eine Stunde vor Dunkelheit, kurz vor der Bettruhe, fühlten sie sich offenbar inspiriert zu einer virtuosen Solo - und Boulder - Session.
Für uns war das, was wir hier beobachten durften, einmalig! - ZEN! (Zuschauen - entspannen - nachdenken): Die wahren Meister des Klettersports machten selbst unseren Großmeister Jerry Moffatt zum kümmerlichen Stümper! Allein, Zeuge dieser zehnminütigen Boulder - Vorstellung zu sein, war es wert, die weite Reise zu unternehmen.
Da wurden grifflose Überhänge mittels Doppeldynamos über die dreifache (!) Körperlänge hinweg einfach übersprungen und anschließend einfingrig nach oben durchgestützt.
Für diese Burschen gewöhnlicher Alltag - für uns vielleicht Bewegungselemente aus der Zukunft des Klettersports!?
Eine Affenmutter übersprang mit ihrem am Bauch festgeklammerten Baby eine über fünf Meter breite Schlucht in rund 15 Meter Höhe, landete an einer Fingerleiste in senkrechter Wand und vollendete locker den Aufstieg.
Das ganze Treiben der Affen erfolgt ausschließlich zum Selbstzweck, rein aus dem Spieltrieb heraus-ohne den Lockruf der berühmten Banane! Solo im oberen 9.Schwierigkeitsgrad jagt man sich gegenseitig durch die Wand.
Wir hatten einige Tage zuvor einen herrlichen Fingerriß in der Nähe des Dorfes entdeckt, etwa 10 m hoch, im Schwierigkeitsgrad 7b+, den wir mittels Toprope durchstiegen.
Diesen Abend kehrten wir mit einer Rucksackladung Bananen und der Hoffnung, auf Affen zu treffen, zurück.
Unser Plan war es, Bananenstücke entlang des Risses zu plazieren, um die Klemmtechnik der Affen zu erforschen.
Wir mußten nicht lange warten bis das Bouldering ­ Team eintraf.
Während mir ein Einzelkämpfer von hinten ein Bündel Bananen entriß, waren andere damit beschäftigt, unseren Riß kopfüber abzuklettern und dabei - nur an den Zehen hängend - die Bananenstücke zu verspeisen.
Als alles abgeräumt war, entschlossen sich einige der Affen, den rechts davon (und jenseits menschlicher Bewertungsmaßstäbe) liegenden Überhang direkt zu durchsteigen.
Es war ein großartiges Erlebnis, zu sehen, daß sie sich bewegten wie wir selbst, daß sie auch gepumpt und müde wurden, daß sie ihre persönlichen Grenzbereiche ausloteten und Spaß dabei hatten, daß sie aus unsicheren Stellungen wieder abkletterten und die Arme ausschüttelten, regenerierten - wir glaubten sogar zu erkennen, daß Kletterbewegungen antizipiert wurden.
Ein Affenbaby versuchte verzweifelt, den anderen nachzueifern und die ersten Züge des Überhangs zu klettern.
Immer wieder probierte es von Neuem, immer wieder stürzte es ab.
Ich wette, daß es am Ende nach einer Ausrede suchte - wegen zu geringer Reichweite...


Auszug aus Bouldern in Südindien von
Kurt Albert


Elbsandstein

Klettern ist wie eine Droge, von der du nicht mehr loskommst.
Sie treibt dich um die ganze Welt auf der Suche nach neuem Stoff, nach neuen Vertikalen.
Sie treibt dich in die Hitze und in die Kälte, nur die Wand ist wichtig, das Wetter bleibt Nebensache.
Natürlich wäre mir ein blauer Himmel jetzt lieber, als ich in Gedanken durch einen regennassen Wald wandere.
Aber auch schlechtes Wetter hat manchmal seinen Reiz, verwandelt die Landschaft durch seinen feuchtkalten Nebel in eine grimmig­schöne Märchenwelt.
Bizarr und unheimlich zeichnen sich die Umrisse der Sandsteintürme ab, enden Schluchten im grauen Nichts.
Mein Blick wandert an den Kanten und Pfeilern empor, ich erinnere mich an die letzten Tage, versuche, Linien in die Wände zu zeichnen.
Vor ein paar Tagen war ich dort oben, genau da, wo sich jetzt ein Tropfen am Fels weigert, der Schwerkraft nachzugeben, so lange, bis ihn ein Windhauch oder sein Gewicht von der Wand löst.
Auch ich hatte mit dem "Abtropfen" zu kämpfen, gerade dort an der Kante, von der jetzt eine Bö eine Reihe von Tropfen mühelos abstreift.
Wie leicht hätte es meine Freunde und mich abschütteln können! Matt schimmert der Fels, durch Flechten bahnt sich das Regenwasser in kleinen Rinnsalen den Weg nach unten.
Parallelen zu meinem Sport drängen sich mir auf.
Ich habe zwar ein gewisses Maß an Kontrolle, doch letztlich fühle ich mich wie die Wassertropfen als Spielball der Natur.
Ich bilde mir zwar ein, die Gefahren mit meinen Händen und füßen, mit Kraft und schneller Reaktion beeinflussen zu können, aber nur bis zu einer bestimmten Grenze.
Wenn ich sie überschreite, hängt alles vom Wohlwollen der Natur ab.
Warum setze ich mich also immer wieder wie ein kleiner Wassertropfen dem Wind, den Eigenheiten der Felsen und der Schwerkraft aus? Vielleicht ist es Angst vor der lähmenden Sicherheit des Alltags und vorausberechneten Tagesabläufen, die mich immer häufiger ausbrechen und die Herausforderung der Natur annehmen läßt.
Ein kleiner Ast bricht ab, fällt in eine Pfütze und zerreißt die spiegelglatte Oberfläche.
Irgendwie sehe ich mich bei meinem Sport auch in einem solchen Spiegel, ein flüchtiges Bild, das jeden Moment zerbrechen kann.
Welche Angst hatte ich, noch vor dem ersten Ringhaken auf den Boden zurückzufallen! Wenn an einem Griff ein Stück Sandstein abgebrochen wäre, hätte ich einen Sturz nicht vermeiden können.
Sicher, auf dem Gipfel schlägt diese Angst um in die Belohnung eines tiefen Glücksgefühls.
Aber das währt nicht lang.
Wenn ich oben bin, stehe ich in Gedanken schon am Fuß der nächsten Wand.
Um mich auf meinen Lorbeeren auszuruhen, dafür bin ich nun wirklich noch zu jung.


Auszug aus Rocks-around the world
von Stefan Glowacz und Uli Wiesmeier



No mobbing

Es ist Sonntag.
Wir sind früh unterwegs, um die Morgenkühle in der bald sonnenheißen Wand zu nutzen.
Kühl ist uns allerdings nicht mehr, denn unser Tempo ist straff und
die Rucksäcke, bedingt durch allerhand notwendiges Eisen und Werkzeug, sind von stattlichem Gewicht.
Der Waldhang, die steile Holzstiege... wir werden langsamer.
Es ist nicht die Anstrengung, nein, wir sind angekommen.
Diese letzten Meter sind für alle gleich, die von Erlebnishunger, Eroberungsdrang und Sendungsbedürfnis getragen oder getrieben zum Höllenhund finden.
Gleich - nicht wegen der schweißigen Stirn, sondern wegen der Wand überm Kopf.
Hier haben sich die vorauseilenden Erwartungen bereits mit dem Felsen verwoben.
Eine Linie ist noch unberührt! Der schmale, rot-gelb geflammte Streifen am linken äußeren Rand neben dem für die Talwand charakteristischen, bogenförmigen Überhang!
Als wir, Günter, Gisbert und ich, 1977 "Über die Hundenase" kletterten, sparten wir diese Wandformation aus.
Der Rippeneinstieg genügte damals unserem Gesamtverständnis.
Und heute?
Diese Handtuchbreite: Ein kleines Feld für Bauern, die aus dem Vollen wirtschaften konnten.
Warum trotzdem diese Begeisterung?
Sie wurzelt in der Suche nach harmonischen Bewegungsfolgen, die uns tatsächlich im Schwierigen Leichtigkeit erleben läßt.
Der Qualitätssprung ist es also, durch den die Veränderung an scheinbar festgeschriebenen Vorstellungen bewirkt wird.
Sollten sich unsere Vorstellungen heute und hier erfüllen, erhält dieser bäuerliche Randstreifen einen Namen, der sich zum Gefühl geradezu schwereloser Leichtigkeit gesellt und zur Mitteilung aufschwingt.
Das Intrigenspiel beim Besteigen der gar so wichtigen Karriereleiter im gesellschaftlichen, also wirtschaftlichen wie politischen Leben, wird Mobbing genannt, heutzutage schon ein
Modebegriff.
Dabei werden in böswilliger Absicht und zum eigenen Vorteil andere Menschen behindert.
Schlimmer noch: Das Böse selbst gibt sich nicht zu erkennen.
Es bedient sich bei diesem "Spiel" der unwissenden Volksmenge, die, einmal aufgewiegelt, zum Mob wird.
Ein "Gesellschaftsspiel" der menschlichen Rasse, was keinem dauerhaft nützt, aber alle krank und kränker macht - also "no mobbing".
Motivation und gediegene Basis, Kartoffeln und Naturdünger - Ertrag auch auf einem kleinen Acker.
Das Hiersein füllt den Tag aus.
Begeistert über die Anordnung der Felsstrukturen und die glücklichen Fügungen beim Schlagen der notwendigen Sicherungsösen, beenden wir schon mittags, oben wo die "Hundenase" auf die "Südwestkante" trifft, die Tour.
Abends, während sich der Grund wieder mit angenehmer Kühle füllt, klettern Michi und ich die obligatorische RP-Begehung.
Selbstverständlich...oder doch nicht so selbstverständlich?!
...no mobbing!


Auszug aus Zwischen Schneckenhaus und Dom
von Bernd Arnold



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