Gut(es) Klettern
Veröffentlicht von Hanka Owsian in Gulag News · 23 März 2018
Was bedeutet GUT(ES) KLETTERN?
Feststeht, die reine Schwierigkeitsleistung ließe ein Urteil über die spezifische
Bewegungsqualität nicht zu. Nicht nur das ästhetische Empfinden verlangt nach
mehr. Nach technischer Versiertheit zum Beispiel.
Aber was macht eine gute Technik aus?
Präzision und Gewandheit in der Bewegung, also Körperbeherrschung – aber auch
die allein reicht noch nicht aus. Körperspannung muss sein. Dazu ein vielfältiges
Bewegungsrepertoire für die Fragen und Probleme des Felsens – dafür brauchen wir
Phantasie und ein Gedächtnis. Hüfte, Füße sollten auch arbeiten. Gefühl für das
eigene Gewicht und dessen Verlagerung kann ebenfalls nicht schaden.
Fast schon ausreichend für eine Bewertung mit dem (begehrten) Prädikat „gut
geklettert!“
Nun ist das ein wenig trocken – Schwierigkeit, körperliche Leistung, kognitive
Fähigkeiten. Was ist mit Leidenschaft? Braucht man die zum gut Klettern?
Da sind wir doch in der metaphysischen Ebene angelangt und es lauert gleich die
Frage nach der Moral. Da wird aus dem gut Klettern schnell gutes Klettern.
Klettert derjenige gut, der fern von Geltungsdrang und Ruhmsucht – also ohne
Ehrgeiz – der reinen Freude und dem Vergnügen an der Bewegung frönt? Der
seinen Egoismus nicht füttert, dafür aber den Hedonismus zelebriert?
Was machen wir dann mit den ganzen Helden? Sind Helden gute Kletterer?
Hanka Owsian, Text vom 09.07.2017